Gemeinschaft

4. KFÖ-Treffen: „Wir erschufen euch aus einem Mann und einer Frau“

18. Juni 2011

Das 4. KFÖ-Treffen begann mit den Workshops. In dem Workshop „Texte in der Öffentlichkeitsarbeit“ stellten die Arbeitsgruppen ihre gemeinsam erarbeiteten Pressemitteilungen vor. Daraufhin erlernten die Teilnehmer die wichtigsten Elemente bei der Erstellung einer Nachricht. Der Workshop „Öffentlichkeitsarbeit in der Moschee“ wurde dieses Mal weitgehend von Ramazan Kara (Informationsdesigner) geleitet. Ziel war die Vermittlung von der „richtigen Werbung“, wobei er auf gestalterische und auch inhaltliche Elemente einging. Währenddessen ging es in „Medien in der Öffentlichkeitsarbeit“ um Inhalte, wie die Presse-Arbeit, Fehler bei der Pressearbeit, die Wirkung von Bildern auf die Leserschaft und Krisenmanagement.

Am Nachmittag wandten sich die Teilnehmer dann einer gemeinsamen Buchbesprechung zu. Gegenstand der Diskussion war Said Ramadans Dissertation „Das islamische Recht – Theorie und Praxis“. In den Diskussionsgruppen ging es etwa um den Idschtihâd und was er darstellt, Alltagsprobleme von Muslimen in Deutschland sowie den Begriff und die Wahrnehmung der Scharia.

Neben Ramadans Buch stand ein weiteres Buch auf der Tagesordnung. Die Kursteilnehmer hatten die Aufgabe erhalten, eine Zusammenfassung von Annemarie Schimmels „Die Religion des Islam“ zu verfassen. Die beiden besten Zusammenfassungen wurden präsentiert und prämiert.

Am Sonntag folgten dann die Vorträge bezüglich der „Genderfrage“, angefangen mit Amina Erbakan mit dem Thema „Die Frau im Koran – implizit oder explizit?“. Zu Beginn betonte sie zunächst die Wichtigkeit der Kontextualisierung der Koranverse und wies auf Verse hin, die auf einer gewissen Metaebene stehen. „Es gibt Verse, die der Diskussion enthoben wurden, an denen es nichts zu rütteln gibt. Und dann gibt es jene Verse, die im Zusammenhang des damaligen Jahrhunderts niedergesandt wurden“ sagte sie. „Bei den Letzteren geht es um die Form, wie der Koran mit einem Problem umgeht und nicht unbedingt um die praktische Umsetzung. Das ist es ja, was den Koran zeitlos macht“, hieß es weiter. Bevor Erbakan dann auf das allgemeine Menschenbild des Islams einging, unterstrich sie die Vollkommenheit des Textes: „Es darf nicht in Vergessenheit geraten, dass der Text unangefochten zu bleiben hat. Was XY daraus versteht gehört nicht zum Text, sondern wird einer Person zugeschrieben und eben nicht Gott. Dies gewährleistet auch unterschiedliche Formen der Exegese und auch unterschiedliche Verständnismöglichkeiten, was auch gut und richtig ist.“

Ihre Ausführungen zum Menschenbild untermauerte Amina Erbakan mit zahlreichen Koranversen. Dazu verglich sie die koranische und biblische Schöpfungsgeschichte. Dann beschrieb sie die vom Schöpfer gesetzte Beziehung zwischen den Geschlechtern anhand von Koranversen. Anhand des Verses „O ihr Menschen! Fürchtet euren Herrn, der euch aus einem (einzigen) Wesen erschuf und aus ihm sein Partnerwesen und aus ihnen viele Männer und Frauen entstehen ließ“ (Sure Nisâ, [4:1]), zeigte sie zunächst die Gleichwertigkeit zwischen Mann und Frau im Islam auf. Aus folgendem Vers zog sie den Schluss, dass beide Geschlechter auch vor Gott selbst gleich sind und alleinig die Gottesfurcht (Takwâ) ausschlaggebend ist: „Wahrlich, die muslimischen Männer und die muslimischen Frauen, die gläubigen Männer und die gläubigen Frauen, die gehorsamen Männer und die gehorsamen Frauen, die wahrhaftigen Männer und die wahrhaftigen Frauen, die standhaften Männer und die standhaften Frauen, die demütigen Männer und die demütigen Frauen, die Almosen spendenden Männer und die Almosen spendenden Frauen, die fastenden Männer und die fastenden Frauen, die ihre Keuschheit wahrenden Männer und die ihre Keuschheit wahrenden Frauen, die Allahs häufig gedenkenden Männer und gedenkenden Frauen – Allah hat für sie Vergebung und großen Lohn vorgesehen.“ (Sure Ahzâb, [33:35]) Zur Beziehung zwischen Mann und Frau wiederholte Erbakan, dass beide einander Schutz und Geborgenheit bieten und sie beieinander Frieden finden. Abschließend ging sie auf den vieldiskutierten Vers bezüglich des Schlagens der Frau ein und betonte, dass diese Form der Übersetzung keineswegs koran- und sunnakonform ist. „Das malikitische Recht besagt sogar, dass das Schlagen der Frau ein Grund zu Trennung ist“, so die Referentin.

Im zweiten Vortrag des Tages sprach Özlem Nas, die Frauenbeauftragte des Rates der islamischen Gemeinschaften in Hamburg (SCHURA) über die Herausforderungen der muslimischen Frau in der europäischen Moderne. Nas begründete die muslimische Verpflichtung zur Dialogarbeit mit dem Koranvers O ihr Menschen! Wir erschufen euch aus einem Mann und einer Frau und machten euch zu Völkern und Stämmen, damit ihr einander kennenlernt.“ (Sure Hudschurât, [49:13]). Sie betonte, dass es der Koran selbst ist, der den Austausch unter den Menschen fordert. Dann unterstrich sie die Wichtigkeit des „Up to date“-Seins über unterschiedliche Diskussionen in der Gesellschaft. In diesem Zusammenhang bemängelte sie, dass es meist nur Forschungen im Bereich der Defizite gäbe. „Muslime an sich sind heterogen, aber in den Medien wird diese Heterogenität kaum wiedergespiegelt“, kritisierte sie. Anhand bestimmter Schlüsselbereiche wie Identität, Gesellschaft, Medien, Familie, Politik, Orte sozialer Zusammenkunft, usw. beschrieb sie die unterschiedlichen Rollen der Frau in den unterschiedlichen Bereichen. Nach motivierenden Worten und einer Aufforderung nach mehr Partizipation in der Gesellschaft, dem Streben nach besserer Bildung und interkulturellen Kontakten beendete sie ihren Vortrag mit dem Koranvers „Gewiss, Allah verändert die Lage eines Volkes nicht, solange sie sich nicht selbst innerlich verändern.“ (Sure Râd, [13:11])

Zum Abschluss des Wochenendes richtete der neue Vorsitzende der IGMG, Kemal Ergün, einige Worte an die Kursteilnehmer. Er äußerte seine Freude und Zufriedenheit mit dem Kurs und machte auf die gesellschaftliche Verantwortung und Verpflichtungen der Muslime in Deutschland aufmerksam. (sk)

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