Gemeinschaft

7. KFÖ-Treffen: Islamfeindlichkeit und die mediale Wahrnehmung des Islams

09. November 2011

Das Wochenende begann mit einem Erfahrungsaustausch und der Bewertung des Tages der offenen Moschee (TOM), der am 3. Oktober stattgefunden hatte. Jeder Teilnehmer bekam die Möglichkeit, über seine Tätigkeiten am TOM, die Bewertung der Vorbereitungen und des Ablaufes des Tag zu berichten sowie Verbesserungsvorschläge zu machen.

Später folgte unter der Leitung der KFÖ-Teilnehmerin Nursen Elemenler eine Buchbesprechung zu Tariq Ramadans „Muslimsein in Europa“. In der weiterführenden Diskussion ging es vor allem über die Notwendigkeit der Neu-Definierung des Islams im europäischen Kontext.

Nach einer Pause teilten sich die Teilnehmer in die Workshops auf. Im Medien-Workshop fand alles bisher in Bezug auf die Erstellung von Websites gelernte Anwendung. Mit der Erstellung einer Website widmete sich die Arbeitsgruppe zudem der Pflege von Inhalten, dem redaktionellen Arbeiten sowie den visuellen Medien Fotos und Videos. Außerdem wurden die Merkmale von sogenannten „Qualitätsmedien“ besprochen. Schwerpunkt des Workshops „Texte in der Öffentlichkeitsarbeit“ war die Erstellung von Newslettern. Den Teilnehmern wurde ein Input über alle wichtigen Elemente eines Newsletters gegeben, wobei unterschiedliche Beispiel-Newsletter besprochen wurden. Der Workshop „Öffentlichkeitsarbeit in der Moschee“ arbeitete indes vor Ort in der Kerpener Moschee und beschäftigte sich gänzlich mit der Bewertung des vergangenen TOM. Besondere Aufmerksamkeit galt dabei der gezielten Werbung.

Am Abend folgte dann ein Gesprächskreis mit Ali Kızılkaya, Vorsitzender des Islamrats für die Bundesrepublik Deutschland (IRD). Die Teilnehmer bekamen somit die Möglichkeit, Fragen rund um den Islamrat und anderer islamischer Gemeinschaften wie dem Koordinantionsrat der Muslime (KRM) zu stellen sowie etwa über die Deutsche Islamkonferenz (DIK) zu sprechen. Am Ende dieses Gesprächskreises hielt Kızılkaya die KFÖ-Teilnehmer dazu an, aktiv an der Gesellschaft teilzuhaben, sich zu involvieren und als gesellschaftliche Akteure mitzuwirken. Außerdem war eines seiner Anliegen, die fortwährende Bemühung um die Gesellschaft. „Der Erfolg liegt nicht in unserer Hand, aber die Bemühung darum“, so Kızılkaya.       

Die Vorträge des 7- KFÖ-Treffens fanden dieses Mal am Sonntag statt. Engin Karahan, stellvertretender Generalsekretär der IGMG, referierte über die historischen Wurzeln und Ursachen der Islamfeindlichkeit. Zunächst appellierte er daran, Verständnis für Ängste deutscher Mitbürger zu haben: „Viele Stereotype über den Islam haben sich Jahrhunderte lang gehalten. Die meisten Politiker sind mit bestimmten Bildern in Schulbüchern konfrontiert gewesen. Dadurch besteht eine vorgefasste Meinung.“ Weiter erklärte er: „Selbst ein großer Teil der Intellektuellen sind oft hinsichtlich ihrer Kenntnisse über den Islam auf einem sehr niedrigen Niveau.“ Als eines der Gründe, weshalb man die historische islamische Expansion mit Gewalt in Verbindung bringt, stellte er fest: „Das ist eine Rückprojektion auf die christliche Expansion, bei der es eben zur Zwangskonvertierungen, Zwangstaufe und den Zwang zur Entscheidung zwischen Auswandern oder Tod gab.“  Weiter wies Karahan darauf hin, dass die Rückeroberung Spaniens über Jahrhunderte andauerte. Während die Muslime ihre Religion aufgrund von Verträgen bis 1492 noch sehr frei praktizieren konnten, gab es diese Freiheiten für jüdische Minderheiten nicht mehr. Diese wurden, wie Karahan berichtete, teilweise zwangsgetauft und mussten ebenso andere Maßnahmen über sich ergehen lassen. „Eigentlich war klar, dass dieses Schicksal später auch die Muslime in Andalusien treffen würde.“ Anschließend ging es um das Bild des Islams im europäischen Raum, welches stark vom damaligen Verständnis des Prophetentums geprägt gewesen sei. „Der Islam wurde nicht als Götzentum angesehen, sondern als christliche Irrlehre, also als eine Häresie.“ Karahan rundete seinen Vortrag mit der Darstellung des Islams als „der Andere“ ab. Dies komme machtpolitischen Verhältnissen zu Gute. Karahan kritisierte die Integrationspolitik, welche durch die „Islamisierung“ von Problemen stets von sich selbst weg auf andere weisen würde. So würden Probleme, die im Grunde struktureller Natur und eine Frage der Investition seien, religiös unterlegt, womit sie dann scheinbar zum Problem muslimischer Eltern, Familien und der Moschee werden würden. In der folgenden Fragerunde ging es um aktuelle Trends und die Frage, weshalb argumentativ unfundierte Positionen, etwa wie die von Necla Kelek oder Thilo Sarrazin, Anklang in der Gesellschaft finden.

Später stand die Wahrnehmung des Islams in Deutschland zur Diskussion. Zunächst wurde festgestellt, dass der Islam selbst bei der Darstellung kaum eine Rolle spielt, sondern instrumentalisiert werde, um eine Ablenkung von relevanteren Themen zu gewährleisten. Die Teilnehmer analysierten gemeinsam Titelblätter von Magazinen wie FOCUS, STERN und SPIEGEL bezüglich des Islams, wobei die Schwierigkeit mit dem Umgang von Prämissen deutlich wurde. Bei der Betrachten müsse das Missverständnis, das daraus resultiert, bewusst werden. Dementsprechend müsse auch ein „Verständnis für das Missverständnis“ vorhanden sein. Auch hier ging es erneut um die Religionisierung von Debatten, wie dem Nahost-Konflikt und ähnlichen Themen. Als Resümee wurde festgehalten, dass darauf geachtet werden müsse, Klischees nicht zu bedienen und bei Diffarmierungen den Aspekt der Instrumentalisierung nicht aus den Augen zu verlieren. (sk) 

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