Generalsekretariat
Muslime in Frankreich dürfen nicht länger kriminalisiert werden
24. November 2025
„Die Kriminalisierung von Musliminnen und Muslimen gefährdet den gesellschaftlichen Frieden. Frankreich muss endlich zu einer vorurteilsfreien Behandlung seiner Bürgerinnen und Bürger zurückkehren!“, erklärt Ali Mete, Generalsekretär der Islamischen Gemeinschaft Millî Görüş (IGMG). Anlass ist die jüngst veröffentlichte Ifop-Studie über Musliminnen und Muslime in Frankreich. Ali Mete weiter:
„Daten zeigen: Die Religiosität von Musliminnen und Muslimen in Frankreich nimmt zu. Doch anstatt dies als Ausdruck persönlichen Glaubens zu verstehen, wird sie im Bericht unmittelbar mit Radikalisierung oder ‚Islamismus‘ verknüpft. Wie kann es sein, dass ein junger Muslim, der häufiger betet, fastet oder die Moschee besucht, in Kategorien politischer Radikalisierung eingeordnet wird? Dieser Zugang ist wissenschaftlich nicht belastbar – er verkauft Vorurteile als Fakten.
Besonders problematisch ist die begriffliche Unschärfe im Bericht. Begriffe wie ‚Islamismus‘, ‚Scharia‘ oder ‚Radikalismus‘ werden ohne klare Definition und in hochgradig pauschalisierender Weise verwendet. Wenn zentrale Begriffe derart schwammig bleiben, wird der religiöse Alltag von Millionen Menschen als ‚politisches Projekt‘ dargestellt, das angeblich darauf abzielt, die Gesellschaft zu unterwandern. Solche Unschärfen bereiten gefährlichen Generalisierungen den Boden.
Auch die Kritik aus der Wissenschaft darf nicht ignoriert werden. Soziologinnen und Soziologen sowie Expertinnen und Experten der islamischen Theologie weisen darauf hin, dass die Fragestellungen des Berichts religiöse Praxis in eine Richtung drängen, die zwangsläufig als ‚Blindgläubigkeit‘ oder ‚Fanatismus‘ gelesen wird. Die Fragen sind von vornherein in einem Rahmen formuliert, der Religiosität als potenziell problematisch, gefährlich oder normabweichend deutet. Offene Fragen hätten wesentlich besser erfasst, ob religiöse Überzeugungen tatsächlich anderen Menschen aufgezwungen werden – diese Chance wurde verpasst. Stattdessen hat die Studie bestehende gesellschaftliche Spannungen weiter angeheizt.
Solche Studien tragen insbesondere in politisch aufgeheizten Zeiten das Risiko, Musliminnen und Muslime als ‚potenzielle innere Feinde‘ zu markieren. Die ständige Sonderbehandlung und die Deutung ihrer Religiosität als Gefahr verstärken Misstrauen und Vorurteile in der Gesellschaft und beschädigen zugleich das Zugehörigkeitsgefühl innerhalb muslimischer Gemeinschaften.
Der Bericht ist zudem geeignet, als politisches Angstinstrument missbraucht zu werden. Religiöse Praxis kann in jeder Gesellschaft zunehmen oder abnehmen – dies ist ein normales soziales Phänomen. Doch jede Zunahme muslimischer Religiosität reflexhaft als politische Radikalisierung abzustempeln, ist inakzeptabel. Staaten sind verpflichtet, alle gesellschaftlichen Gruppen vor Vorurteilen und kollektiven Verdächtigungen zu schützen. Jede Form der Kriminalisierung religiöser Lebenspraxis schadet dem gesellschaftlichen Frieden und gefährdet das Zusammenleben.
Frankreich und Europa können ihre demokratischen Werte nur dann bewahren, wenn sie allen Bürgerinnen und Bürgern gleichermaßen Sicherheit, Respekt und eine vorurteilsfreie Behandlung garantieren.“









