Pressemitteilung

Festhalten an Gottesdienst-Verboten nicht nachvollziehbar

16. April 2020
Pressemitteilung

„Es ist nicht nachvollziehbar, wenn Moscheen, Kirchen oder Synagogen geschlossen bleiben müssen, das Shoppen in der Stadt aber erlaubt sein soll. Es entsteht der Eindruck, als stünden derzeit ökonomische Überlegungen über garantierten Grundrechten“, erklärt Bekir Altaş, Generalsekretär der Islamischen Gemeinschaft Millî Görüş (IGMG). Anlass ist die Verlängerung der Einschränkungen im Kampf gegen die Corona-Pandemie bis zum 3. Mai. Bekir Altaş weiter:

„Der Schutz des Lebens und der Gesundheit gehen selbstverständlich vor. Deshalb haben wir bereits vor den offiziellen Gottesdienst-Verboten bundesweit in unseren Moscheen die Gemeinschaftsgebete ausgesetzt und Musliminnen und Muslime dazu aufgerufen, ihre Gebete zu Hause zu verrichten. Damit das funktioniert haben wir in einem Kraftakt und innerhalb kürzester Zeit Predigten und eine Vielzahl weiterer Religionsdienste digital in die Häuser und Wohnungen übertragen. Das haben wir getan, um einen Beitrag zur Eindämmung der Coronavirus-Pandemie zu leisten und weil wir die Maßnahmen für angemessen hielten.

Nun stehen wir vor der Herausforderung zu verstehen, warum der Einkauf im Einzelhandel erlaubt sein soll, die Abhaltung von Gottesdiensten in Moscheen, Kirchen und Synagogen jedoch nicht. Die teilweise selbst auferlegten Beschränkungen der Religionsgemeinschaften in den vergangenen Wochen zum Schutz der Bevölkerung haben deutlich gemacht, wie ernst die Gefahr genommen und wie verantwortungsbewusst damit umgegangen wird.

Deshalb ist es angebracht, Moscheen, Kirchen, Synagogen und anderen Gotteshäusern so weit Vertrauen entgegenzubringen, als dass auch ihnen auch unter gewissen Auflagen die schrittweise Öffnung erlaubt wird. Denkbar sind etwa Begrenzungen der Personenanzahl abhängig von der Größe des Gebetsraumes sowie ein rotierendes Anmeldeverfahren, damit möglichst viele Gläubige wieder in den Genuss kommen, in einer Moschee und in der Gemeinschaft zu beten. Durch das Anmeldeverfahren könnte man etwaige Infektionsketten nachvollziehen und im Zweifel schneller einschreiten. Ein erstes Konzeptpapier zur schrittweisen Öffnung der Moscheen wurde bereits erarbeitet und soll bei den anstehenden Gesprächen auf Landes- und Bundesebene mit den jeweiligen Innenministerien eingebracht werden. Das Papier wird in Abstimmung mit Virologen und Experten fortlaufend an die aktuellen Gegebenheiten angepasst.

Ich bin zuversichtlich, dass wir eine gemeinsame und verantwortungsbewusste Lösung finden werden, die sowohl dem Ernst der Lage als auch der verfassungsrechtlich gewährten Religionsfreiheit gerecht wird. Denn gerade im Hinblick auf den Fastenmonat Ramadan würde die pauschale Schließung von Moscheen bei Musliminnen und Muslimen auf großes Unverständnis stoßen, wenn sie gleichzeitig mit öffentlichen Verkehrsmitteln zum Shoppen in die Stadt fahren dürfen. Es darf nicht der Eindruck entstehen, als dass aktuell der verfassungsrechtlich geschützten Religionsfreiheit weniger Wert beigemessen wird als ökonomischen Überlegungen.“

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