Freitagspredigt

Flüchtlinge sind unsere Geschwister

11. September 2015 Tasbih Grün Schwarz
Tasbih Grün Schwarz

„Diejenigen, die vor ihnen hier (in Medina) im Glauben zu Hause waren, lieben die, welche zu ihnen auswanderten, und fühlen in sich kein Verlangen nach dem, was ihnen gegeben wurde. Sie ziehen (die Flüchtlinge) sich selber vor, auch wenn sie selber bedürftig sind. Wer so vor seiner eigenen Habsucht bewahrt ist – denen ergeht es wohl.“ (Sura Haschr, 59:9)

Verehrte Muslime!
Es hat schon immer Unrecht auf der Welt gegeben. Auch heute werden Menschen unterdrückt und getötet, um den Wohlstand und die Privilegien anderer Menschen zu bewahren. Des einen Reichtum basiert also auf des anderen Armut. Leider erleben wir auch in unserer Zeit, wie schmutzige Kriege geführt werden und Menschen ausgebeutet werden – Tendenz steigend. Das bitterarme Afrika wurde über lange Zeit ausgebeutet und kann heute kaum auf eigenen Beinen stehen. In weiten Teilen des Nahen Ostens wütet Krieg. Beide konnten sich bis heute nicht aus den Fängen der internationalen Machtpolitik befreien. Die Abermillionen Flüchtlinge sind ein Ergebnis dieser bedrückenden Entwicklungen. Von offizieller Stelle heißt es, dass die Flüchtlingszahl seit dem 2. Weltkrieg zum ersten mal mehr als 50 Millionen beträgt. Das geht so einfach über die Zunge; 50 Millionen. Das sind 50 Millionen Menschen ohne Bleibe und Hoffnung!

Liebe Geschwister!
Wir dürfen die Gründe für diese Krise nicht ausblenden. Sonst werden die Probleme der ärmeren Regionen eines Tages auf die wohlhabenderen Länder überschwappen. Genau das erleben wir heute hautnah. Als Teil der wohlhabenden Gesellschaften müssen wir uns dafür einsetzen, die Probleme in den ärmeren Regionen der Welt zu lösen. Zehntausende Menschen sind bis an die Grenzen Europas geflüchtet. Sie sind auf der Flucht vor dem Krieg und hoffen auf ein menschenwürdiges Leben für sich und ihre Kinder. Tausende Flüchtlinge sind auf ihrer Reise im Mittelmeer ertrunken. Man denke nur an die dreijährige Aylan aus Syrien, deren lebloser Körper an die Küste von Bodrum gespült wurde. Im Grunde ist mit Aylan die Menschlichkeit gestorben. Aber was bleibt übrig, wenn die Menschlichkeit stirbt? Was bleibt, wenn das Gewissen schweigt? Kann man noch von Menschlichkeit sprechen, wenn alle wegschauen und nichts davon wissen wollen? Der leblose Körper der kleinen Ayla ist ein Symbol für das Wegschauen der Menschheit. Dies gilt für einige Länder Europas genauso wie für manche Länder der islamischen Welt. Ein anderes syrisches Kind, das bis nach Ungarn flüchten konnte, sagt: „Wir möchten gar nicht nach Europa? Bitte helft Syrien. Es reicht, wenn es dort keinen Krieg mehr gibt.“

In diesem Sinne müssen die Verantwortungsträger sofort aktiv werden und dem Blutvergießen endlich ein Ende setzen. Die Hilferufe der hoffnungslosen Menschen dürfen nicht ungehört bleiben. Wie viele Tote müssen noch an die Ufer des Mittelmeeres getrieben werden, damit man endlich etwas dagegen unternimmt?

Verehrte Muslime!
Flüchtlinge sind unsere Geschwister! Wer soll sich um sie sorgen, wenn nicht wir? Vor allem als gläubige Menschen sind wir verantwortlich für sie. Denn unser Prophet sagte, dass Allah im Jenseits demjenigen hilft, der im Diesseits den Menschen hilft. Aktuell ist es dringend notwendig, den Flüchtlingen zu helfen. So wie damals die Medinenser ihre Geschwister aus Mekka empfangen und in ihr Herz geschlossen haben, so sollten wir den Flüchtlingen heute nach Kräften unter die Arme greifen. Dies ist ein Gebot der Geschwisterlichkeit. Wir dürfen es nicht bei guten Vorsätzen beruhen lassen, sondern müssen aktiv werden.

Bis jetzt haben wir versucht, den Flüchtlingen zumindest ein Dach über dem Kopf zu geben und sie mit Lebensmitteln zu versorgen. Nun gehen wir etwas weiter und starten eine Kampagne. Jede unserer Moscheegemeinden soll die Patenschaft für eine Flüchtlingsfamilie übernehmen. Um die religiösen Bedürfnisse der muslimischen Flüchtlinge zu decken, stellt der IGMG Hilfs- und Sozialverein HASENE ein Geschenkpaket zusammen. Zudem werden dieses Jahr auch die Flüchtlinge in Deutschland von der Kurban-Kampagne profitieren. Weitere nachhaltige Projekte sind in Planung.

Liebe Geschwister!
Wir beten dafür, dass die Flüchtlinge hier in Europa ein neues, besseres Leben beginnen können. Unsere Gebete sind gleichzeitig mit den Hinterbliebenen der verstorbenen Soldaten in der Türkei. Allah gebe ihnen viel Kraft und Geduld. Ihnen gehört unser Mitgefühl.

Hutba: Flüchtlinge sind unsere Geschwister

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