Freitagspredigt

Hutba – Eine „Gemeinschaft der Mitte“

20. Januar 2012

Verehrte Muslime,

an etwas zu glauben, sich an etwas zu binden und daran festzuhalten, nennt man „Akîda“. Die Akîda umfasst die Glaubensgrundlagen und die Gebote des Islams. Der Begriff „İtikad“ entspringt der gleichen Wortwurzel und meint, sich von Herzen an etwas zu binden.

Dann gibt es noch das Wort „Mazhab“ (Rechtsschule), was „der zu beschreitende Weg“ bedeutet. Die Gelehrten nutzen den Koran, die Sunna und Methoden wie den Konsens (Idschmâ) und den Vergleich (Kiyâs), um zu Ergebnissen zu gelangen. Rechtsschulen werden in der Regel nach ihrem Gründer benannt, so wie die Maturidiyya, Aschariyya, Hanafiyya oder die schafiitische, malikitische und hanbalitische Rechtsschule.

Liebe Geschwister,

nach dem Versterben unseres Propheten Muhammad (saw) hatten die Muslime keine Möglichkeit mehr, sich an ihn zu wenden, wenn sie eine Frage hatten. Deshalb entstanden unterschiedliche Meinungen. Es gab natürlich auch Meinungsverschiedenheiten, die den Glauben betrafen. Manchmal führten diese Diskussionen sogar dazu, dass sich Muslime gegenseitig als Ungläubige (Kâfir) beschuldigten.

Dabei werden die Muslime in einem Koranvers wie folgt beschrieben: „Und so machten wir euch zu einem Volk der Mitte, auf dass ihr Zeugen für die Menschen seid.“ (Sure Bakara, [2:143]) „Volk der Mitte“ bedeutet nichts anderes, als „den geraden Weg“ zu gehen, mit Worten und Taten von jeder Form der Übertreibung fern sein, menschlich und gerecht zu handeln und ausgeglichen zu leben. Jene Menschen, die den Weg unseres Propheten und seiner Gefährten (Pl. Ashâb) gehen, den Koran und die Sunna als Wegweiser nehmen, bezeichnen wir als „Ahl as-Sunna wal Dschamâa“.

Verehrte Muslime,

in der Geschichte des Islams gab es viele unterschiedliche Meinungen zu allen möglichen Themen – angefangen von den Gottesdiensten (Pl. Ibâdât) bis hin zu den Glaubensgrundlagen. Oft haben Muslime andere Muslime des Unglaubens bezichtigt und sie quasi nicht mehr zur Umma gezählt. Leider ist es heute nicht gerade besser. Unterschiede im Glauben und in der Glaubenspraxis führen manchmal so weit, dass einige beginnen, über ihre Geschwister zu urteilen. Dabei hat der Gesandte Allahs die Meinungsvielfalt doch als Barmherzigkeit bezeichnet. Die Korangelehrten waren stolz darauf, möglichst viele Bedeutungen eines Verses zu finden. Und die vier Rechtsschulen sind nur einige von vielen, die im Laufe der Geschichte entstanden sind.

Geschätzte Geschwister, 

sicherlich sollten wir uns des Reichtums der islamischen Kultur und Geschichte bewusst sein. Aber auch Streitigkeiten, Diskussionen sowie unterschiedlichen Meinungen sollten wir kennen und verstehen. Vor allem aber ist es wichtig, Diskussionen mit einem kühlen Kopf und einer gewissen Reife entgegenzutreten. In der Diskussion sollten wir auf keinen Fall die Regeln des guten Benehmens brechen. Denn der Gesandte Allahs sagte: „Ein Gläubiger ist keiner, der nach Fehlern anderer sucht, flucht oder zügellos und schamlos ist.“ (Tirmizî, Birr, 48)

IGMGIrschadabteilung

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