Freitagspredigt

Hutba – „Allahs Erde ist weit“

08. Juni 2012

Verehrte Muslime,

unsere Eltern oder Großeltern kamen als Migranten in das Land, in dem wir nun leben. Sie reisten etwa nach Deutschland, Österreich, in die Niederlande, nach Frankreich und Belgien, um hier zu arbeiten und danach wieder in ihre Heimat zurückzukehren. Mit sich brachten sie nicht nur ihre Arbeitskraft, sondern auch ihre Sprache, Kultur, Religion und ihre Werte. Nach einer Zeit holten sie ihre Familien nach und führten ihr Leben in Europa fort. Sie hatten mit vielen Problemen zu kämpfen. Ihre Religion konnten sie nicht immer frei ausleben, sie wurden angefeindet und fürchteten ihrerseits ihre Kultur und Identität zu verlieren. Zudem hatten sie Schwierigkeiten in puncto Bildung, Sprache und auf dem Arbeitsmarkt.

Liebe Geschwister,

trotz all dieser Schwierigkeiten haben die Muslime in Europa ihr religiöses Selbstverständnis und ihr Selbstbewusstsein bewahrt. Denn wir wissen, dass der Islam Einfluss auf kulturelle Entwicklungen überall auf der Welt genommen hat. Muslime sind damit nicht nur die Vertreter einer Religion, sondern auch die Repräsentanten einer großen Kultur. Diese Kultur hat nicht nur bedeutende Werke hervorgebracht, sondern auch die Entwicklungen in Europa entscheidend mitgeprägt. Es ist der Verdienst muslimischer Forscher und Händler, die Errungenschaften zahlreicher Kulturen nach Europa gebracht zu haben. Hierzu gehören unter anderem die arabischen Ziffern, Chemie, Geometrie, der Logarithmus, die Entdeckung des Blutkreislaufs, Kaffee, Tee und die Teppichkunst, um nur einige wenige zu nennen.

Dass die Muslime das geschafft haben, hängt mit der religiösen, gedanklichen, wissenschaftlichen und kulturellen Weite des Islams zusammen. „Allahs Erde ist weit (Sure Zumar, [39:10]), heißt es im Koran. Der Islam hat die Eigenschaft, in kulturell unterschiedlichen Gesellschaften gelebt werden zu können, ohne dabei sein Wesen zu verlieren. Muslime können also überall auf der Welt heimisch werden. Wenn das nicht so wäre, könnten wir heute nicht überall auf der Welt Muslime antreffen, die einen unterschiedlichen nationalen, sprachlichen und kulturellen Hintergrund haben.

Verehrte Muslime,   

was bedeutet das für uns Muslime in Europa? Zuerst einmal müssen wir Vertrauen ausstrahlen, Respekt genießen und der Gesellschaft, in der wir leben, nützliche Dienste erweisen. Unser Prophet sagte: „Muslim ist, vor dessen Zunge (Wort) und Hand (Tat) die Menschen sicher sind.“ (Tirmizî, İmân, 12) und „Der Beste unter den Menschen ist derjenige, der seinen Mitmenschen am nützlichsten ist.“ (Dschâmius Sağîr, II, 10) Wir müssen nicht nur körperlich, sondern auch geistig hier und heute leben. Das heißt, wir dürfen unsere Gesellschaft nicht aus der Ferne betrachten. Vielmehr sollten wir ihre Sprache, Kultur, Geschichte und Lebensweise kennen und nachvollziehen können. Denn nur dann können wir ihnen unsere Religion und unseren kulturellen Reichtum am besten erklären und unsere Weltsicht verständlich machen.

IGMG-Irschadabteilung

Notiz: Am 10. Juni 2012 findet in Dortmund/Witten das Finale des Azan-Wettbewerbs statt. Er wird von unserer IGMG-Jugend organisiert. Alle Interessierten sind dazu eingeladen. Weitere Informationen gibt es unter .

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