Freitagspredigt

Hutba- Sila-i Rahim- Verwandtschaftsbeziehungen

23. Juni 2006

Verehrte Muslime,

der Sommer ist die Jahreszeit, in der die türkischstämmigen Einwanderer in Europa in die Türkei reisen. Damit möchte man die Müdigkeit des ganzen Jahres ablegen und neue Energie und Kraft aus dem Heimatland schöpfen. Innerhalb der vierzig Jahre hat sich aber so einiges verändert. Zum größten Teil sind die Verwandten und Bekannten verstorben. Die neuen Generationen kennen sich weniger. Sogar die Beziehungen zwischen den engsten Verwandten haben sich geschwächt. Die Ferne zwischen den Verwandten wird immer größer. Können wir nicht in dieser Situation unsere Ferien dazu nutzen, „Sila-i Rahim“ zu verwirklichen, was auch für unseren Glauben eine wichtige Bedeutung hat? Somit kann sogar der Besuch eines einzigen Bruders, Freundes oder Verwandten zum Gottesdienst werden“¦

Liebe Geschwister,

Sila bedeutet soviel wie erreichen, ankommen oder einen Bund schließen. Der Begriff Rahim steht für Barmherzigkeit, Mitgefühl und Fürsorge. Sila-i Rahim bedeutet, die Familie und die Verwandten zu besuchen, sich um ihre Probleme zu sorgen, sie finanziell und seelisch zu unterstützen und sich dieser anzunehmen. Sila-i Rahim gilt für die gesamte Familie und die gesamte Verwandtschaft unabhängig davon, ob es die direkten oder die weiter entfernten sind. Diese sind die Eltern, Großeltern, Geschwister, Tanten, Onkel, Nichten, Neffen und die restlichen Verwandten. Sila-i Rahim bedeutet auch, sich um die Verwandtschaft zu kümmern, diese nicht zu vergessen und sowohl mit Worten als auch mit Taten diesen beizustehen. Das Mindeste ist jedoch, mit ihnen telefonisch in Kontakt zu bleiben und ihnen Grüße zu senden. Rahim offenbart sich auch in dem Namen Rahman von Allah teala. Es bedeutet die Barmherzigkeit Allah tealas. Um diese Barmherzigkeit zu erlangen, sollte der Muslim auch die Bande in seiner Verwandtschaft achten und diese beleben.

Verehrte Muslime,

über Sila-i Rahim gibt es mehrere Verse im Koran und Hadise von unserem Propheten (saw). Einige davon möchte ich hier aufführen. Allah teala spricht: „Siehe, Allah gebietet, Gerechtigkeit zu üben, Gutes zu tun und die Nahestehenden zu beschenken. Und Er verbietet das Schändliche und Unrechte und Gewalttätige. Er ermahnt euch, euch dies zu Herzen zu nehmen.“ (Nahl 90)

„Dein Herr hat bestimmt, dass ihr Ihn alleine anbeten sollt und dass ihr gegen euere Eltern gütig seid, auch wenn der eine von ihnen oder beide bei dir ins hohe Alter kommen. Sag daher nicht »Pfui!« zu ihnen und schelte sie nicht, sondern rede mit ihnen auf ehrerbietige Weise. Und bedecke sie demütig mit den Flügeln der Barmherzigkeit und bitte: »O mein Herr! Erbarme dich beider so (barmherzig), wie sie mich aufzogen, als ich klein war!“ (Isra 23-24)

Unser geliebter Prophet (saw) sagt: “ Wer einen reichhaltigen Unterhalt und einen verspäteten Tod möchte, der soll für seine Verwandtschaft sorgen“ (Buhari, Adab, 12) Ein Gefährte fragte den Propheten: “ Oh Gesandter Allahs, wer ist der Beste unter den Menschen?“

Der Prophet (saw) antwortete: “ Der, der seinen Herrn am meisten fürchtet, für seine Verwandten am meisten sorgt, das Gute gebietet und versucht, die Menschen vom Schlechten abzuhalten.“

Verehrte Brüder und Schwestern,

hin und wieder die Verwandten zu besuchen und sie zu beschenken, ist ohne Zweifel ein schönes Verhalten. Denn diese Besuche stärken den Bund zwischen den Verwandten. Die Streitigkeiten nehmen ein Ende. Die Freuden und die Traurigkeiten werden geteilt und man findet gemeinsam Lösungen für die Probleme. Besonders die Älteren müssen ihre Zeit nicht in Einsamkeit und Verlassenheit verbringen und haben Angehörige um sich, die sie lieben und schätzen. So werden sie ihre letzten Jahre in Glück und Zufriedenheit verbringen.

Für dieses Verhalten sollten keine Gegenleistungen erhofft werden und auch solche Angehörige, die in Vergessenheit geraten sind und den Kontakt abgebrochen haben, besucht werden. So empfiehlt es unser Prophet (saw) (Buhari, Adab, 15)

Wir sehen mit Betrübtheit, dass in der heutigen Gesellschaft Sila-i Rahim sehr vernachlässigt wird. Die Beziehungen zwischen den Verwandten sind verloren gegangen und die Generationen sind sich fremd. Hinzu kommt auch, dass in Europa lebende Jugendliche, in einem anderen Umfeld aufwachsen. So haben sie nie die Möglichkeit ihre Verwandten in den fernen Heimatländern kennen zu lernen.

Wir sagen, dass diese Werte um keinen Preis verloren gehen dürfen. Sei es aus sozialen, wirtschaftlichen oder kulturellen Gründen. Wir dürfen diese Beziehungen nicht aufgeben und vernachlässigen. Deshalb sollten wir unseren Urlaub dazu nutzen, diese Beziehungen und Kontakte aufrecht zu erhalten, unsere Bindungen zu stärken und die vergessenen Kontakte wiederherzustellen. Insbesondere sollten die Jugendlichen ihre Verwandten treffen und sie kennen lernen. So tragen wir dazu bei, dass auch sie ihre Angehörigen treffen. Ich bin davon überzeugt, dass unsere Jugendlichen dadurch sehr innige und feste moralische Werte gewinnen werden“¦

Ich möchte meine Hutba mit einem Hadis kutsi beenden: Allah teala spricht: Ich bin Allah. Ich bin der Barmherzige (Rahman). Ich habe die Verwandtschaft (rahm) erschaffen und ihr einen Meiner Namen gegeben. Wer also Beziehungen zu den Verwandten aufbaut und diese pflegt, zu dem werde ich gütig sein. Und wer die Beziehung zu den Verwandten auflöst, zu dem werde ich nicht mehr barmherzig sein.„ ( Tirmidi, Kitab al-Birr )

IGMG Irschad-Abteilung

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