Pressemitteilung

IGMG-Vorsitzender Karahan: Urteil zwar erfreulich, ideologische Haltung des Gerichts jedoch bedenklich

31. Juli 2008

Weiterhin sagte Karahan:   „Seit längerem herrscht in der Türkei eine gespannte Atmosphäre in Gesellschaft, Politik und Wirtschaft. Daher ist erfreulich, dass das Verfassungsgericht in recht kurzer Zeit ein Urteil bezüglich des Verbotsantrags zugunsten der AKP getroffen und somit die herrschende Ungewissheit beseitigt hat. Doch leider ist dies das einzig erfreuliche an diesem Urteil. Denn die Tatsache, dass mit Ausnahme eines Richters, alle Verfassungsrichter in der betreffenden Partei einen „Zentrum von Aktivitäten gegen den Laizismus“ sehen, ist äußerst beunruhigend und wirft viele Fragen auf. Diese Haltung ist weit von einem freiheitlichen und neutralen Laiszismus-Verständnis entfernt. Ganz im Gegenteil ist hierin ein ideologisiertes Laizismus-Verständnis deutlich erkennbar. Mit ihrem Voten haben die Richter beim ausschließlich mit ideologischer Motivation angestoßenen Prozess deutlich gemacht, dass sie an einem weltanschaulich geprägten, Freiheitrechte einschränkenden Verfassungsverständnis festhalten. Hierin liegt das grundlegende Problem der Türkei.

Das Verbotsverfahren und die Entscheidung haben noch einmal vor Augen geführt, dass die Türkei noch einen langen Weg hin zu einem freiheitlichen, pluralistischen und demokratischen Rechtssaat vor sich hat. Sicherlich muss sowohl der Prozessverlauf, als auch die Entscheidung des Gerichts erschöpfend erörtert werden. Von essenzieller Bedeutung ist es jedoch, die noch von den Putschisten stammende Verfassung aus dem Jahre 1982, das solche Verfahren überhaupt möglich macht, einer eingehenden Überprüfung zu unterziehen.

Diese Verfassung muss durch eine auf einer freiheitlichen Grundlage aufbauende und den gesellschaftlichen Frieden wahrende neue Verfassung ersetzt werden muss. Der Hinweis des Vorsitzenden des Verfassungsgerichtes, dass es notwendig sei, die Verfassung hinsichtlich der Verbote von Parteien zu überarbeiten, kann als ein Hinweis auf die unmögliche Situation in der Türkei gewertet werden.    

Diese und ähnliche Krisen müssen als Chancen gesehen werden, Probleme auf demokratische Weise zu lösen. Es darf nicht zugelassen werden, dass die Fähigkeit der Türkei, einen Konflikt mit politischen Mitteln durch die demokratisch Legitimierten zu lösen, geschwächt wird. Genauso wenig darf es zugelassen werden, dass ideologisch motivierte Agitationen die Volkssouveränität einschränken.

Ich hoffe, dass alle gesellschaftlichen Gruppen und Politiker aus diesem Prozess eine Lehre hinsichtlich der demokratischen Zukunft der Türkei gezogen haben und denke, dass das Ende des Prozesses der Anfang einer Bewährungsprobe bezüglich der demokratischen Kultur in der Türkei ist.“

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