Pressemitteilung
Islamische Gemeinschaft: Stopp von Waffenlieferungen nicht ausreichend – Deutschland muss mehr tun
09. August 2025
„Der Stopp von Waffenlieferungen an Israel kommt zu spät, ist offensichtlich ein politisches Manöver – aber dennoch wichtig. Deutschland muss nun mehr tun, um Menschenrechte zu wahren und das Leid der Zivilbevölkerung zu lindern“, erklärt Ali Mete, Generalsekretär der Islamischen Gemeinschaft Millî Görüş (IGMG). Anlass ist die Ankündigung von Bundeskanzler Friedrich Merz, angesichts der Kriegsführung Israels im Gazastreifen keine Kriegswaffen mehr zu liefern. Ali Mete weiter:
„Der angekündigte Stopp von Rüstungsexporten durch Bundeskanzler Merz ist ein überfälliger Schritt, doch er kommt viel zu spät. Die Entscheidung wurde offensichtlich nicht aus einer moralischen oder juristischen Überzeugung heraus getroffen, sondern vielmehr als Reaktion auf wachsenden internationalen Druck sowie auf seine sinkenden Umfragewerte in der Bevölkerung zu diesem Thema. Das schmälert den moralischen Wert dieser Entscheidung erheblich.
Leider hat sich Deutschland in dieser Angelegenheit nicht mit Ruhm bekleckert, sondern seine Rolle als glaubwürdiger Wächter der Menschenrechte in der Welt stark beschädigt. Es ist überdeutlich geworden, dass die Bundesregierung mit zweierlei Maß misst, nicht nach Taten, sondern nach Tätern und Opfern schaut. Ein herber Rückschlag für den globalen Moralkompass und für Menschenrechte.Dennoch ist der Lieferstopp wichtig – als überfälliger, wenn auch symbolischer Schritt.
Deutschland ist Unterzeichner der Genfer Konventionen und des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs – daraus ergibt sich nicht nur ein moralischer, sondern auch ein rechtlicher Auftrag, bei der Aufklärung schwerer Menschenrechtsverletzungen mitzuwirken, statt sich politisch wegzuducken. Der UN-Sicherheitsrat, das Welternährungsprogramm und Menschenrechtsorganisationen berichten seit Monaten von schweren Verbrechen und vor einer humanitären Katastrophe.
Hinzukommt: Deutschland hatte sich im Verfahren Südafrika vs. Israel vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH) klar gegen den Vorwurf eines Völkermords gewandt. Ziel dieser Intervention war es, darzulegen, dass der Völkermordvorwurf rechtlich nicht haltbar sei.
Die jüngste Entscheidung der Bundesregierung steht in einem Spannungsverhältnis zu dieser rechtlichen Position. Sollte die Bundesregierung diese Entscheidung als Ausdruck einer gewandelten politischen und rechtlichen Bewertung verstanden wissen wollen, wäre es nur konsequent, auch ihre völkerrechtliche Stellungnahme gegenüber dem IGH entsprechend zu korrigieren.
Eine Rücknahme der bisherigen Interventionsabsicht oder eine Neufassung der deutschen Position wäre daher notwendig, um Kohärenz zwischen rechtlicher Argumentation und politischem Handeln herzustellen – vorausgesetzt, der Anspruch auf Rechtsstaatlichkeit und völkerrechtliche Konsistenz wird ernst genommen.
Deutschland muss seinen Verpflichtungen gerecht werden und den Druck auf die israelische Regierung weiter erhöhen. Es muss sich aktiv dafür einsetzen, dass mögliche Kriegsverbrechen im Gazastreifen ermittelt werden; dass das EU-Assoziierungsabkommen ausgesetzt wird, es muss Palästina anerkennen und die Maßnahmen aus dem Gutachten des Internationalen Gerichtshofs umsetzen. Darüber hinaus sind sofortige Maßnahmen erforderlich, um das Leid der Zivilbevölkerung zu lindern und internationale humanitäre Hilfe zu gewährleisten. Auch muss der Weg für die internationale Presse in den Gazastreifen freigemacht werden, damit die Zustände vor Ort sichtbarer werden.
Deutschland steht in der Verantwortung, sich nicht nur als Vermittler, sondern als aktiver Anwalt der Menschenrechte zu positionieren. Die Entscheidung, Waffenlieferungen zu stoppen, kann und darf nur ein erster Schritt sein. Es müssen weitergehende, wirksame Anstrengungen folgen. Als Glaubensgemeinschaft, die sich den Schutz des menschlichen Lebens als göttliches Gebot versteht, unterstützt die Islamische Gemeinschaft alle Anstrengungen, die menschliches Leid lindert – egal von wem sie ausgehen und wen sie treffen.“