Pressemitteilung

Triorisierung des NSU-Komplexes beenden!

11. Juli 2018
Pressemitteilung

„Das Versprechen, die NSU-Morde lückenlos aufzuklären, wurde nicht eingelöst. Im Gegenteil, es wurde alles unternommen, um die Trio-These aufrechtzuerhalten. So lange diese Triorisierung nicht beendet wird, kann es keine zufriedenstellende Aufklärung geben“, erklärt Bekir Altaş, Generalsekretär der Islamischen Gemeinschaft Millî Görüş (IGMG), anlässlich der Urteilsverkündung im NSU-Prozess. Bekir Altaş weiter:

„Nach der Urteilsverkündung im NSU-Prozess bleibt das Gerechtigkeitsempfinden massiv verletzt. Der Richterspruch markiert lediglich das Ende des gerichtlichen Verfahrens. Die Aufklärung des NSU-Komplexes ist damit noch lange nicht abgeschlossen und muss an Fahrt gewinnen. Das was wir bisher unter ‚Aufklärung‘ geboten wurde, ist eine einzige Enttäuschung. Dazu zählt auch der NSU-Prozess.

Nach wie vor ist unklar, wie groß das NSU-Netzwerkt tatsächlich war und möglicherweise immer noch ist. So lange diese Ungewissheit fortbesteht, kann von einem Abschluss der Aufklärung keine Rede sein. Deshalb muss die krampfhafte Triorisierung des NSU ein Ende finden, der Weg muss freigemacht werden für ergebnisoffene Ermittlungen. Die Trio-Theorie ist schon lange nicht mehr glaubwürdig. Sie ist zudem gefährlich, weil sie die Gefahr verharmlost und ein fatales Signal in Richtung möglicher Unterstützer setzt.

Wir fordern umfassende Aufklärung, auch dort, wo es wehtut: beim Verfassungsschutz, bei der Polizei, in den Kriminalämtern des Bundes und der Länder sowie in allen anderen Ermittlungsbehörden, die im NSU-Komplex blind auf dem rechten Auge waren und sind. Der institutionelle Rassismus ist im Schatten des NSU-Komplexes sichtbar geworden wie nie zuvor. Das Versagen in den Behörden und Amtsstuben war so groß, dass ihr Tun und Unterlassen an Vorsatz grenzte. Dennoch wurde institutioneller Rassismus bisher komplett ausgeklammert, Akten für 120 Jahre unter Verschluss genommen. Das ist keine glaubwürdige Aufarbeitung.

So bleibt das zutiefst beunruhigende Gefühl, dem Rassismus weiterhin schutzlos ausgeliefert zu sein. Die Gefahr, Opfer eines rechtsterroristischen Anschlags zu werden, ist auch nach Bekanntwerden des NSU-Komplexes nicht weniger geworden. Nicht gebannt zudem die Gefahr, dass Ermittlungsbehörden weiterhin nicht in die richtige Richtung ermitteln, sondern blind in ‚migrantischen Milieus‘ der Opfer herumstochern.

Unsere Hoffnung, der NSU-Komplex könnte noch aufgeklärt werden, ist nicht vollends gestorben aber stark angeschlagen. Deutschland hat noch die Chance, diese Reifeprüfung zu bestehen und verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen: mit ehrlichen und aufrichtigen Ermittlungen, bei denen die Aufklärung oberste Priorität genießt und nicht das Ansehen des Staates oder die Interessen von Behörden und Ämtern.“

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