Gemeinschaft

Umra als Erneuerung

03. Mai 2011

Die Hadsch ist eine der wichtigsten Gottesdienste (Ibâdât) des Islams und soll von jedem religiös mündigen Muslim mindestens einmal im Leben durchgeführt werden. Für die meisten Muslime ist diese Reise ein Wende- und Höhepunkt. Neben dieser sogenannten „großen Pilgerfahrt“ gibt es noch die „kleine Pilgerfahrt“, Umra genannt. Im Koran heißt es „Und vollzieht die Pilgerfahrt und die Umra um Allahs willen.“ (Sure Bakara, [2:196])

Die Umra ähnelt der Hadsch und kann auch außerhalb der Hadschsaison angetreten werden. Genauso wie bei der Hadsch wird während der Umra das Ihrâm-Gewand getragen, die Kaaba umrundet (Tawâf), der Lauf zwischen den Hügeln Safâ und Marwa vollzogen und die Kopfhaare gekürzt. Während der Hadsch und Umra stehen die Pilger unabhängig ihres Ansehens, ihres Reichtums oder ihrer sozialen Stellung auf derselben Stufe. Das Ihrâm-Gewand der Pilger lässt ihre Un­vollkommenheit und zugleich Allahs Allmacht spüren und versinnbildlicht das Leichentuch, in das der Tote am Ende sei­nes Lebens eingewickelt wird.

Die Erfahrung der Hadsch soll jeder Muslim mindestens einmal in seinem Leben gemacht haben. In den letzten Jah­ren nehmen aber auch immer mehr junge Männer und Frauen an der Umra teil. So auch an der Umra-Reise der IGMG Hadsch & Reisen GmbH, zu der sich in den letzten Osterferien Tausende Pilger auf den Weg machten. Einen Großteil machen hierbei junge bis jugendliche Umra-Pilger aus. Aber warum? Was ist der Grund für ein solches Interesse?

Zuerst einmal hat ein Wandel des Verständnisses der Religionspraxis stattgefunden. So herrschte früher noch stärker die Vorstellung, die Religionspraxis sei eine Sache für alte Menschen. Die Pilgerfahrt war noch vor 20 Jahren ein Got­tesdienst, der im Alter verrichtet wurde. Doch dies lässt sich nur schwer mit einem umfassenden Religionsverständnis vereinbaren. Der Islam ist eine Religion für jeden, egal in welchem Alter. Sie formt und leitet Menschen in jedem Alter und an jedem Ort entsprechend der menschlichen Natur. Der Islam verleiht den Menschen ein tiefes Verantwortungsbe­wusstsein, dem der Einzelne im Privaten sowie im Öffentlichen zu folgen hat.

Dies hat die IGMG-Jugend, die bei der Umra 2011 in den Osterferien die Federführung hatte, immer wieder deutlich gemacht. Zum täglichen Veranstaltungsangebot der IGMG-Jugend gehörten etwa die kurzen Gesprächszirkel vor dem Geburtshaus Muhammads (saw) nach dem Morgengebet. Nach dem Nachtgebet trafen sich die jungen Pilger wieder am selben Platz, um gemeinsam die Kaaba zu umkreisen (Tawâf).

Besonderes Interesse galt aber den Darul-Erkam-Gesprächskreisen. Darul Erkam bedeutet „Haus des Erkam“ und meint das Haus des Erkam bin ebil Erkam. In seinem Haus trafen sich die allerersten Muslime insgeheim mit dem Ge­sandten Allahs, um den Islam zu erlernen. Dies war die erste „Schule“ des Islams. Muslime wie Abu Bakr (ra), Umar (ra), Uthmân (ra), Ali (ra), Hamza (ra) und Mus’ab bin Umayr (ra) waren die ersten „Schüler“ der „Darul Erkam-Schule“. In diesem Sinne dienen die Darul-Erkam-Gesprächskreise der Erneuerung und Wiederbelebung.

Bei diesen Veranstaltungen wurden die Jugendlichen daran erinnert, dass sie Gäste im „Haus Allahs“ (Baytullâh) sind. Ein muslimischer Pilger ist nicht jemand, der sich auf die Reise an einen beliebigen Ort macht. Vielmehr folgt er dem Ruf Allahs und begibt sich an den Ort, an dem der Islam begann. Er besucht das Haus Allahs, die Prophetenmosche (Masdschid an-Nabawî) und andere bedeutende Orte der Geschichte des Islams.

Wichtiger aber ist, dass er sich zu einer spirituellen Reise aufmacht. Während der Umra trägt der Pilger nichts ande­res als das Ihrâm-Gewand. Er ist unbekleidet, so wie bei seiner Geburt und nur mit zwei Tüchern bedeckt, wie bei sei­ner Beerdigung. Es ist ihm streng verboten, seine Mitmenschen zu kränken und alle anderen Geschöpfe Schaden zuzu­fügen. In diesem Zustand erneuert er sein Versprechen, dass seine Seele (Rûh) vor dem Beginn der Zeit Allah gegeben hat. Während des Tawâf erlebt er die Einheit Allahs (Tawhîd) und die Vielfalt innerhalb Gemeinschaft (Umma). Der Lauf zwischen den Hügeln Safâ und Marwa erinnert ihn an die Hingabe und Qualen Hadschars und die Ursprünge Mek­kas. Die gemeinschaftlichen Gebete oder der bloße Aufenthalt in der Moschee um die Kaaba (Masdschid al-Harâm) oder in der Prophetenmoschee gibt dem Pilger inneren Frieden.

Diesen Zustand gilt es nach der Umra beizubehalten. Die historischen Kenntnisse und spirituelle Erfahrung während der Umra sollen zu einem Wendepunkt im Leben des Muslims werden. Im Bewusstsein seiner Verantwortung vor Allah und den Menschen kehrt er in seine Heimat zurück.. Mit diesem aufgefrischten Bewusstsein gilt es nun, seinen Pflich­ten als Muslim, seiner Verantwortung in bester Weise nachzukommen und sich, etwa in der IGMG-Jugend, für die Ge­meinschaft und die Gesellschaft zu engagieren.

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