Freitagspredigt
Unheil auf der Welt
11. September 2025
Verehrte Geschwister!
Die Menschheit hat sich weiterentwickelt, sie hat in Wissenschaft und Technologie große Fortschritte gemacht. Doch leider sind wir auch in unserer heutigen Zeit Zeugen von Grausamkeiten, wie sie selbst in sogenannten rückschrittlichen Zeitaltern selten waren. In Palästina und Ostturkestan sind Unterdrückte und Entrechtete in ihrem eigenen Land Blut und Tränen ausgeliefert. Frauen, Kinder und Alte werden aus ihren Häusern vertrieben. Wer Widerstand leistet, dem drohen Hunger und Tod.
In Gaza sind bei den Bombardierungen mehr als 60.000 Menschen ums Leben gekommen. Noch immer gelten über 10.000 Menschen unter den Trümmern als vermisst. Hunderte sind bereits an Hunger gestorben. Die Zahl der Verletzten liegt inzwischen bei etwa 150.000. Mit jedem Tag und jeder Stunde steigen diese Zahlen weiter an. Diese Grausamkeit wird im Bericht der Vereinten Nationen als Kriegsverbrechen bezeichnet und ist zweifellos zur Menschheitskatastrophe dieses Jahrhunderts geworden.
Liebe Geschwister!
Weltweit erheben viele Menschen ihre Stimme gegen dieses Unrecht und protestieren dagegen. Als Muslime sind wir den Völkern dieser Welt sehr dankbar; sie sprechen eine andere Sprache, gehören einer anderen Religion an oder haben eine andere Herkunft, stehen aber im Namen der Menschlichkeit an der Seite unserer palästinensischen Geschwister.
Das gibt uns Hoffnung – gerade in einer Zeit, in der grundlegende Werte wie Menschlichkeit so stark erschüttert sind. Das Schweigen einiger Länder und internationaler Institutionen, die viel bewirken könnten, zerreißt uns das Herz. Sie bleiben untätig und übersehen das Massaker. Gleichzeitig versuchen sie, den Eindruck zu erwecken, sie arbeiteten für den Weltfrieden. Dies erinnert uns an den Koranvers: „Und wenn zu ihnen gesagt wird: ‚Stiftet kein Verderben auf Erden!‘, sagen sie: ‚Wir sind ja nur die, die Frieden stiften.‘“[1]
Verehrte Muslime!
Verderben und Zerstörung gehören damals wie heute zu den größten Prüfungen für Menschen und Gesellschaften. Allah spricht zu allen Menschen: „Und stiftet auf Erden kein Verderben, nachdem in ihr Ordnung herrscht. Und ruft ihn an in Furcht und Verlangen. Siehe, Allahs Barmherzigkeit ist denen nahe, die Gutes tun.“[2]
Feindseligkeit zerstört auf persönlicher Ebene das Miteinander der Menschen. Auf gesellschaftlicher Ebene führt es zu endlosen Kriegen. Unterdrückung mag für eine Zeit lang stark wirken. Doch am Ende setzt sich die Gerechtigkeit durch, und der Unterdrücker bleibt niemals verschont. Darauf hat unser Prophet hingewiesen: „Allah gewährt dem Unterdrücker Aufschub. Doch wenn er ihn ergreift, lässt er ihn nicht los.“[3]
Liebe Geschwister!
Am 31. August hat sich die Globale Sumud-Flottille von Spanien aus auf den Weg gemacht, um die Blockade zu durchbrechen und humanitäre Hilfe zu leisten. Die Flottille ist eine zivile, friedliche Bewegung, die Menschen aus unterschiedlichen Religionen, Sprachen und Kulturen vereint – getragen von der Hoffnung auf Frieden.
Die Geschichte wird diejenigen, die angesichts dieses Unrechts nicht geschwiegen haben, mit goldenen Buchstaben festhalten. Unsere Bitte an Allah, den Herrn der Welten, ist: Möge diese Flottille ihr Ziel sicher erreichen und den Menschen zur Hilfe eilen können. Âmîn.
[1] Sure Bakara, 2:11
[2] Sure Âraf, 7:56
[3] Muslim, Birr, 61