Gemeinschaft

Zur Bestimmung der Gebetszeiten

08. August 2012

Das tägliche fünfmalige Gebet (Salâh) ist eine durch den Koran, die Sunna und den Konsens der Muslime festgelegte Pflicht, der jeder Muslim nachkommen muss, der die Voraussetzungen dafür erfüllt. In einigen Koranversen wird auf die Verbindlichkeit der Gebete eingegangen. Ausreichende Erläuterungen über die Verrichtung des Gebets lassen sich hingegen umfassend in der Sunna des Gesandten Allahs (saw) finden.

Als das tägliche fünfmalige Gebet zur Pflicht wurde, war Dschabraîl (as) Vorbeter für das frühe und am zweiten Tag für das späte Gebet der fünf täglichen Gebete und sagte „Die Zeit zwischen diesen Tageszeiten sind die Zeiten der Gebete.“ Zudem sagte der Prophet: „Jede Gebetszeit hat einen Beginn und ein Ende: Der Beginn der Zeit des Mittagsgebets ist, sobald die Sonne sich neigt. Das Ende ist, sobald die Zeit des Nachmittagsgebets beginnt. Der Beginn der Zeit des Nachmittagsgebets ist, sobald der Schatten eines Gegenstands die Größe des Gegenstands erreicht hat. Das Ende ist, sobald die Sonne sich gelb verfärbt. Der Beginn des Abendgebets ist, sobald die Sonne beginnt unterzugehen. Das Ende ist das Ende der Morgendämmerung. Der Beginn des Nachtgebets ist der Moment, in der die Dämmerung ihr Ende nimmt, und das Ende des Nachgebets ist, sobald die Nacht halb vorüber ist. Der Beginn des Morgengebets ist das Erscheinen der Morgenröte, das Ende ist, sobald die Sonne aufgeht.“

Die in dem Hadith aufgeführten Gebetszeiten gelten das ganze Jahr über für alle Regionen, in denen der übliche Verlauf der Sonne gegeben ist und somit alle Gebetszeiten eintreffen. Jedoch gibt es auf der Welt auch Orte, an denen diese Zeiten nicht zu allen Jahreszeiten gegeben sind. Dies gilt für die Menschen, die am Nord- oder Südpol und in Ländern rund um diese beiden Pole leben. In den Ländern nördlich des Breitengrades von Paris tritt zwischen dem 27. Juli bis Anfang August die Zeit des Nachtgebets und somit die Zeit des Beginns der Morgenröte (Imsâk) im herkömmlichen Sinne nicht ein. Aus diesem Umstand ergibt sich die Frage, wie die Menschen in diesen Regionen in der genannten Zeitspanne das Nachtgebet verrichten sollen und wie die Zeit des Imsâk bestimmt werden soll.

Diesbezüglich wurden zahlreiche internationale Konferenzen abgehalten und Beschlüsse gefasst, die dann von einigen Staaten umgesetzt wurden. Einige  andere Staaten hingegen, die ihre eigenen Methoden anwenden, beachteten aufgrund politischer Erwägungen diese Beschlüsse nicht.

Die Islamische Gemeinschaft Millî Görüş (IGMG) gibt seit ihren Gründungsjahren einen Gebetskalender (den „Hidschra Kalender“) heraus. Dieser Kalender wird, ausgenommen einiger Details, Jahr für Jahr gemäß den anfänglichen Grundlagen erstellt..

Im Hidschra Kalender hat der zeitliche Abstand zwischen dem Abend- und Nachtgebet schon immer 1 Stunde 30 Minuten betragen. Im Grunde entspricht die Zeit zwischen dem Imsâk und dem Sonnenaufgang der Zeit zwischen dem Abend- und Nachtgebet. Jedoch wurde die Imsâk-Zeit aus Bedacht 20 Minuten vorher angesetzt. Deshalb beträgt die Zeit zwischen Imsâk und Sonnenaufgang 1 Stunde 50 Minuten.

Für die Länder, in denen die Zeit des Abend- und Nachtgebets nicht gegeben ist, wurde aus dem Ermessen heraus ein grundsätzlicher Beschluss gefasst. Aber auch diese Entscheidung stützt sich auf einen Hadith des Gesandten. In seiner von Muslim überlieferten Version in der Kutub as-Sitta heißt es:

Die Gefährten (Pl. Ashâb) des Propheten fragen: ‚O Gesandter Allahs! Wie lange wird der Dadschâl auf der Erde bleiben?‘ Der Prophet antwortet: ‚Vierzig Tage. Von diesen vierzig Tagen wird ein Tag so lang sein wie ein Jahr und ein Tag so lang wie eine Woche; die restlichen Tage werden wie die normalen Tage sein.‘ 

Die Gefährten fragen erneut: ‚O Gesandter Allahs, wird es an dem Tag, der so lang ist wie ein Jahr, ausreichend sein, die Gebete wie gewohnt zu verrichten?‘ Der Prophet antwortet: ‚Nein. Deshalb werdet ihr abschätzen (also die Abstände zwischen den normalen Gebetszeiten und somit an dem Tag, der so lang ist wie ein Jahr die Gebete für 365 Tage verrichten).‘ (Muslim, Buch 52, Hadith 110) Daraus folgt: Auch wenn die Zeit des Gebets faktisch nicht gegeben ist, muss gemäß der Notwendigkeit der täglichen fünfmaligen Gebete auch das Nachtgebet verrichtet werden. Gemäß der genannten Kriterien wird die Imsâk-Zeit festgelegt und dementsprechend gefastet.

Was die Angaben der Gebetszeiten in anderen Kalendern angeht, wäre es nicht richtig, eine Aussage zu treffen. Diesbezüglich kann man sich an die entsprechenden Gemeinschaften wenden, um Informationen einzuholen.

Celil Yalınkılıç

Leiter der IGMG-Irschadabteilung

 

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