Gemeinschaft

Fachtagung: Einheitliche Standards für Halal-Zertifizierung

18. Oktober 2011

Diese und ähnliche Fragen wurden von der SCHURA Bremen, Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein sowie der Islamischen Glaubensgemeinschaft Baden-Württemberg, der Islamischen Religionsgemeinschaft Hessen, der Islamischen Föderation Berlin und dem Koordinationsrat der Muslime Mecklenburg-Vorpommern zum Anlass genommen, um gemeinsame Positionen zu entwickeln. Zu der in diesem Sinne organisierten Fachtagung nahmen neben Interessierten und einigen Unternehmensvertreter auch Vertreter islamischer Landesverbände teil. Von den bundesweit islamischen Gemeinschaften erschienen die Islamische Gemeinschaft Milli Görüş (IGMG), der Islamrat für die Bundesrepublik Deutchland (IRD) und die Islamische Gemeinschaft Deutschland (IGD).

Nach einer Koranrezitation wurde die Fachtagung Halal-Lebensmittel mit einem Grußwort von Fr. Dr. rer. nat Zahra Mohammadzadeh aus der Bremer Bürgerschaft eröffnet. Sie betonte die Wichtigkeit einer solchen Veranstaltung und plädierte für EU-Richtlinien für Halal-Fleisch mit einem besonderen Kennzeichen, ähnlich dem BIO-Siegel, um die Endverbraucher zu schützen.

Der erste Fachvortrag wurde von Dr. Khaled Hanafy vom Rat der Imame und Gelehrten gehalten. Hanafy ging auf die Vorschriften beim Schlachten im sunnitisch-islamischen Recht ein. Er referierte über die einzelnen Auffassungen der vier Rechtschulen und begandelte auch die maschinelle Schlachtung aus Sicht des islamischen Rechts. Dem Referenten zufolge reiche bei dieser modernen Methode aus, wenn bei der Einschaltung der Maschine die Formel „Im Namen Allahs“, die sogenannte Basmala, von einem Muslim einmal ausgesprochen wird. Bei Maschinenstop und Wiedereinschaltung müsse die Basmala von einem Muslim wiederholt werden.

Danach hielt Ayatollah Dr. Reza Ramezani vom Islamischen Zentrum Hamburg einen Vortrag, in der er dschafaritisch-schiitische Sicht der Halal-Schlachtung aufzeigte. Dr. Reza Ramezani ging nicht nur auf den äußeren Charakter der islamischen Gebote und Verbote ein, sondern auch auf die innere, geistige Dimension. Er betonte, dass auch diese Dimension den Gläubigen nähergebracht werden sollte. Der Islam möchte den Menschen in allen Bereichen zur Vollkommenheit führen. Die Ernährung des Geistes ist genauso wichtig wie die Ernährung des Körpers. Und beides muss rein sein. Solange ein Tier halal, aber noch nicht „rein“ ist, darf man es nicht verzehren. Ayatollah Dr. Reza Ramezani dankte den Veranstaltern der Fachtagung und hofft auf große Impulse hinsichtlich der gemeinsamen islamischen Basis für Sunniten und Schiiten.

Beide Gelehrten trugen Rechtsgutachten vor, die verdeutlichen, dass, wenn das Tier zum Zeitpunkt der Schlachtung noch lebt, eine Betäubung islamkonform ist.

Dr. Abdul Nasser Al-Massri von der SCHURA Niedersachsen referierte über die islamkonforme Tierhaltung und die Ethik. Anhand von Koranversen und den Aussprüchen des Propheten Muhammad entwickelte Dr. Al-Massri eine islamische Sichtweise und Ethik, was den Umgang mit Tieren angeht. Er zitierte etwa einen Ausspruch des Propheten Muhammad, wonach man keine Bäume und Tiere verfluchen solle. Weitere Aussprüche verbieten es, ein Tier ohne Grund zu töten oder Tierkämpfe auszuüben. Außerdem zeigte Dr. Al-Massri, dass es im Koran nicht wenige Suren mit Kapiteln gibt, die nach Tieren benannt wurden: die Kuh, der Elefant, die Ameisen, die Spinne, die Biene.

Dr. Yavuz Özoğuz, der das Zertifizierungsunternehmen m-haditec vertritt, referierte über die Praxis der Zertifizierung. Er betonte, dass man oft den sprituellen Charakter bei der Schlachtung vergisst. Außerdem gäbe es in Frankreich bereits Halal-Theken, genauso wie BIO-Theken hierzulande.

Auch das Zertifizierungsunternehmen EHZ nahm an der Fachtagung teil. Yusuf Çalkara vom EHZ wies ebenfalls auf BIO-Ecken in Geschäften hin. Er machte darauf aufmerksam, dass es möglich sei, entsprechende auch für Halal-Lebensmittel einzurichten.

Zum Abschluss des Tages stellte der Rechtsanwalt Norbert Müller aus Hamburg das RAL vor. RAL, 1925 gegründet als "Reichsausschuss für Lieferbedingungen", mit neuen Namen "Deutsches Institut für Gütesicherung und Kennzeichnung" ist die wichtigste Institution im Bereich der Gütesicherung. Ein Güteausschuss entscheidet dabei über die Vergabe des Gütezeichens sowie die Überwachung durch von der Gütegemeinschaft beauftragte Zertifizierer. Müller betonte den Vorteil einer solchen Gütegemeinschaft: Islamische Gemeinschaftenn, Zertifizierer und Betriebe könnten zusammenwirken und ein einheitliches Halal-Gütezeichen mit klaren und transparenten Kriterien der Vergabe und Überwachung auf dem Markt etablieren.

Die Fachtagung wurde von allen Teilnehmern als ein Erfolg angesehen. Es ist der erste Schritt zur einheitlichen Standardsetzung für Halal-Zertifizierung. Ein eigenes geschütztes Zeichen, das sofort von allen erkannt werden kann, sei in Planung. (ma)

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