Pressemitteilung

Geplante Verschärfung des Zuwanderungsgesetzes ist verfassungswidrig

16. Januar 2006

Als verfassungswidrig bezeichnet der Generalsekretär der Islamischen Gemeinschaft Milli Görüs, Oğuz Ücüncü, die geplante Verschärfung des Zuwanderungsgesetzes, wonach das Nachzugsalter für ausländische Ehepartner auf 21 Jahre festsetzt werden soll.

Die Begründung, man wolle Zwangsheirat unterbinden, sei nicht glaubwürdig. „Durch die Erhöhung des Nachzugsalters werden nicht Zwangsehen unterbunden, sondern in fast allen Fällen nur die eheliche Lebensgemeinschaft von zwangfrei verheirateten Personen“ , sagte Ücüncü. „Die Begründung des Innenministeriums unterstellt allen Migranten, dass sie Zwangsehen eingehen bzw. führen. Eine solche Wahrnehmung über Migranten verallgemeinert die Vorurteile und manifestiert sie gesetzlich“ , hieß es.

Der Generalsekretär sagte weiter: „Offensichtlich nimmt das Innenministerium eine im Gesamtkontext verschwindend geringe Anzahl von Zwangsheiraten als Vorwand, um die Familienzusammenführung zu beschränken. Diese Haltung verträgt sich nicht mit den bisherigen Äußerungen des Herrn Bundesinnenministers Schäuble, der noch vor wenigen Wochen Einwanderung als Chance für die Bundesrepublik bezeichnet und Gerüchte über die Verschärfung des Zuwanderungsgesetzes dementiert hatte.

Auch habe das Bundesverfassungsgericht (Az: 2 BvR 1226/83) bereits 1987 die damalige Praxis der Länder Bayern und Baden-Württemberg, ausländischen Ehepartnern erst drei Jahre nach der Heirat die Einreise zu erlauben, für verfassungswidrig erklärt. “ Die Beeinträchtigung der Belange von Ehe und Familie durch das Erfordernis einer dreijährigen Ehebestandszeit als Nachzugsvoraussetzung übersteigt auch im Blick auf entgegenstehende öffentliche Interessen das von den Betroffenen hinzunehmende Maß“, hieß es damals in der Urteilsbegründung. Der jetzige Vorstoß sei in diesem Lichte ebenfalls verfassungswidrig und laufe wieder auf das gleiche hinaus und verletze ohne jeglichen Zwang heiratende Menschen in ihren Rechten aus Art. 6 GG.

Auch müsse berücksichtigt werden, dass das Bundesverfassungsgericht das Recht eines in Deutschland lebenden Vaters auf die Anwesenheit seines Kindes bestätigt hat. „Das bedeutet“, so Ücüncü weiter, „wenn die Frau in der Türkei ein Kind bekommt, kann ihr, egal ob 18 oder 21, und dem Kind die Einreise nicht verweigert werden. Insofern stellt der Vorstoß keinen Gefallen für die jungen Frauen dar und ist ein Rückschritt, da Frauen sich nun als gezwungen sehen könnten, ein Kind zu gebären, um überhaupt mit ihrem Ehemann zusammenzuleben zu können.“

Daher verhärte sich der Verdacht, dass es der Bundesregierung nicht darum gehe, Zwangsehen zu unterbinden, sondern sie vielmehr den Zuzug von Familienangehörigen stoppen will. Ersteres sei mit Aufklärungsarbeit eher zu erreichen, als mit verfassungsrechtlich wackeligen Verboten, die in der Praxis auch noch ins Leere laufen, wie es die niederländische Praxis verdeutliche. Dort gelte seit dem 1. November 2004 eine ähnliche Regelung, die durch den so genannten belgischen Schleichweg umgangen werde. Allein in Antwerpen seien im letzten Jahre 900 Ehepartner unter 21 über Belgien eingereist, weswegen Ücüncü die Bundesregierung zur Überarbeitung des Gesetzesentwurfs auffordert.

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