Gemeinschaft

Stellungnahme des KRM zur Verteilung von Koranübersetzungen durch die Aktion „Lies“

16. April 2012

Über die Wichtigkeit der Lektüre des Korans für alle, die am Thema teilhaben wollen, besteht kein Zweifel. Der heilige Koran ist die Glaubensgrundlage aller Muslime. Er ist die Hauptquelle für die islamische Theologie und alle grundlegenden islamischen Wissenschaften. Andererseits ist er für die nicht-muslimische Perspektive unverzichtbare Quelle zur Erforschung des Islam. In diesem Sinne hat sich die deutsche Koranwissenschaft in den letzten Jahrhunderten viele Verdienste erworben. Mehr noch versuchte beispielsweise der Dichter und Orientalist Friedrich Rückert bereits Anfang des Neunzehnten Jahrhunderts durch seine hervorragende Arbeit den Rhythmus, Klang und die die Muslime bezaubernde sprachliche Tiefe, dem deutschsprachigen Leser zugänglich zu machen. Somit ist der Koran dem interessierten deutschsprachigen Leser nicht unbekannt.

Daneben gibt es für alle, die sich für den Koran interessieren, viele Zugänge, um ihn zu lesen. Dabei ist das Internet, in dem der Koran als Original, als Übersetzung, als Text oder vorgelesen zu finden ist, nur eine Quelle. Für jeden sind auch unterschiedliche Kommentare frei zugänglich.

In so einer Situation ist es sicher berechtigt zu fragen, was bei aller Legitimität mit der großflächigen Verteilung des Korans durch die Aktion „Lies“ bezweckt werden soll. Insbesondere ist zu hoffen, dass Einzelne darin nicht eine werbewirksame Aktion für ihre Gruppe sehen. Eine Instrumentalisierung des heiligen Buches zu diesem Zweck ist unbedingt abzulehnen. Ebenso sollte die Form der Verteilung keine unangemessenen Diskussionen über diese heilige Schrift auslösen. Dies gilt im Übrigen für alle heiligen Schriften gleichermaßen. Ganz besonders darf sich niemand zur Annahme des Angebotes gedrängt fühlen, denn im Islam gibt es keinen Zwang im Glauben. Die Prinzipien des respektvollen Umgangs miteinander gilt es im gegenseitigen Bewusstsein herzustellen und zu erhalten. Dies schließt ebenfalls die gegenseitige Bewusstwerdung um Sensibilitäten, Befindlichkeiten und Pluralitäten ein.

Ebenfalls sind politische und mediale Annäherungen unter dem Aspekt zu reflektieren, dass nicht zunehmend fruchtlose, belastende Diskussionsfelder geschaffen und dann auf dem Rücken der hiesigen Muslime ausgetragen werden.

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